Für die Fotos und den Bericht sagen wir Ingolf Heinemann herzlichen Dank.
William Turner in Münster
Gleich zu Beginn des neuen Jahres, am 05.01.2020, war der Kunstverein in Sachen Kunst unterwegs. Zwanzig Teilnehmer reisten mit dem Niedersachsenticket in die westfälische Kulturhochburg Münster zur spektakulären Ausstellung "Turner. Horror and Delight". Damit stellt das LWL (Landschaftsverband Westfalen Lippe)-Museum für Kunst und Kultur die Reisen des bedeutendsten britischen Landschaftsmalers der Romantik in die Schweiz und nach Italien in den Fokus.
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Museum Tate Britain in London. 80 Gemälde und Aquarelle stammen aus dem Turner-Nachlass der Tate Gallery. Dazu werden 30 weitere Leihgaben internationaler Museen gezeigt, zu denen Werke von Caspar Wolf, Claude-Joseph Vernet und John Martin gehören.
Dank der guten Vorbereitung des Kunstausflugs durch Dr. Margrit Riechers blieb unserer Reisegruppe die zweistündige Wartezeit erspart. Vorbei an den Besucherschlangen geleitete uns ein hochmotivierter Guide in die Ausstellung. Die Kopfhörer erwiesen sich als außerordentlich effizient angesichts des Geräuschpegels in den Ausstellungsräumen. Der junge Kunsthistoriker lieferte viele Hintergrundinformationen zu den einzelnen Werken und stellte interessante Beziehungen der Werke untereinander her. Dabei verstand er es, sein umfangreiches Fachwissen über den "Maler des Lichts" mit Leidenschaft und Humor zu vermitteln. So wurde der Rundgang zu einem außerordentlichen Kunstgenuss.
Turners erste Reise in die Schweiz 1802 und seine Begegnung mit der Bergwelt bedeuteten für den Künstler eine grundlegend neue Erfahrung. Er stellte das „Erhabene“ der Natur in den Vordergrund. Darstellungen von Stürmen und anderen Naturkatastrophen zeigen sehr eindrucksvoll, dass sie mit ihrer Urgewalt auch Grauen und Furcht einflößen kann. Für den Betrachter selbst ist der Schrecken etwa eines Lawinenabgangs nicht lebensbedrohlich, so dass er der dargestellten Katastrophe auch einen gewissen Genuss abgewinnen kann. Schrecken und Freude - Horror and Delight - liegen hier nah beieinander. Dem stehen in der Ausstellung Turners Werke, die das "Malerische" aufgreifen, gegenüber. Also die Ruhe, Ordnung und Schönheit klassischer Landschaftsmalerei, die der Künstler zum Beispiel nach der Rückkehr von seinen Italienreisen im Atelier umsetzte. Bei seiner ersten Italienreise besuchte Turner alle wichtigen Stationen mit Rom als Ziel. Deren charakteristische Bauwerke hielt er in unzähligen Skizzenbüchern fest. Später war Venedig das bevorzugte Ziel. Die spezielle Atmosphäre und das Licht in der Lagunenstadt inspirierten ihn zu den stimmungsvollen Aquarellen der 1840er Jahre. Diese Aquarelle waren sein Experimentierfeld für die Arbeiten seines Spätwerks, wie sie in der Ausstellung zu sehen sind.
Geschäftsführer Ingolf Heinemann bedankte sich im Namen des Kunstvereines für den gelungenen Kunstrundgang. Dabei bezog er sich auf eine Anekdote, nach der sich William Turner an einen Schiffsmasten gefesselt haben soll, um die Gewalt des tosendes Meeres hautnah zu spüren. Er habe zwischendurch daran gedacht, ihn, den Kunstguide, an einen Masten zu binden, damit seine brennende Leidenschaft für die Kunst nicht mit ihm durchginge.
Nach einer Stärkung im Museums-Restaurant blieb noch Zeit für einen gemächlichen Bummel durch das abendlich illuminierte Münster. Vom St.-Paulus-Dom zum Prinzipalmarkt mit Arkadengang und Giebelhäusern, vorbei an der Lambertikirche und dem Erbdrostenhof. Dieser gilt als Meisterwerk des Architekten Johann Conrad Schlaun.
Die zahlreichen Kirchen prägen bis heute die Skyline von Münster. Nicht umsonst lautet ein bekanntes, etwas selbstironisches Bonmot der Münsteraner: „Entweder es regnet oder die Glocken läuten – und wenn beides zusammenfällt, dann ist Sonntag.“ Wir konnten uns davon überzeugen.