Gruppe 7

Zeitsprünge


Sommerausstellung 2014: 29.06. - 27.07.2014 

1984 wurde der Kunstverein Wunstorf e.V. gegründet und blickte in diesem Jahr auf dreißig Jahre mit nahezu 100 Ausstellungen von weit mehr als 120 Künstlerinnen und Künstlern in eindrucksvollen Kunstveranstaltungen zurück. Diese Reihe setzten wir in unserer Sommerausstellung fort und präsentierten sechs Künstler aus Hannover: Rainer Grimm, Christian Grohn, Alexander Jonischkies, Klaus Kowalski, Frank Popp und Hans Sasse, die als Gruppe7 seit mehr als 20 Jahren die Kunstszene ergänzen und bereichern mit Kunstprojekten im öffentlichen Raum, besonders mit den Wintergärten in der Güntherstraße und den Klanggärten in der Eilenriede von Hannover. Unter dem Titel „Zeitsprünge“ wurde am Sonntag, 29. Juni 2014 um 11:15 Uhr die Ausstellung mit einer Vielfalt künstlerischer Positionen in der Abtei eröffnet. Erstmalig war sie vier Wochen lang bis zum 27.07.2014 zu sehen. Um allen sechs Künstlern Raum für ihre Kunst zu geben, war der Kunstverein eine Kooperation mit dem Forum Stadtkirche eingegangen und freute sich, dass somit die Künstler ihr Oeuvre nicht nur in der Abtei, sondern auch im Turm und Saal der Stadtkirche präsentieren. Darüber hinaus werden Objekte und Installationen in der zwischen beiden Gebäuden befindlichen Parkanlage zu sehen sein. Zur Einführung sprach der Wissenschaftler, Buchautor und mehrfache Literaturpreisträger Dr. Eike Christian Hirsch aus Hannover. Hans Wendt und sein Bläserquartett mit Beate Kelpe, Monika Rath und Malte Görlich von der Musikschule Wunstorf begleiteten die Vernissage musikalisch.

Alle Künstler der Gruppe7 blicken auf eine Fülle von Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zurück. Die Unterschiedlichkeit ihrer künstlerischen Positionen wird an der Vielzahl der künstlerischen Techniken und Medien deutlich, derer sich die Künstler der Gruppe7 in jeweils unverwechselbarer Weise bedienen: Von der Zeichnung und Collage bis zur Malerei und zum Relief, von der Fotografie und der digitalen Bildbearbeitung bis zur Skulptur und Installation.

Der „Sklave“ nach Michelangelo gehört zu der Werkreihe „Durchblickobjekte“ von Rainer Grimm. Sie setzen sich aus mehrern Schichten zusammen, die in einem festgelegen Abstand hintereinander angeordnet sind. Auf jede dieser Schichten sind Fragmente eines Objekts gemalt, so dass sich nur von bestimmten Punkten aus ein vollständiger Anblick ergibt. Sobald diese idealen Standorte verlassen werden, lösen sich die Bilder auf bis sie dem Betrachter abstrakt erscheinen. Zu den neueren Arbeiten des Künstlers gehört insbesondere der „’Christus“ aus verschiedenen Acrylglasarten, der explizit für ein Kirchenfenster in der Stadtkirche geschaffen wurde.

Christian Grohn zeigt Fotografien aus seiner Reihe „Schnittstellen“, in der die Dimension Zeit einbezogen wird. In kurzem zeitlichen Abstand aufgenommene Fotos werden in Einzelteile zerlegt und neu zusammengesetzt. Die Aufteilung der Bildfläche kann einen filmischen Ablauf assoziieren. Beatrix Nobis schreibt, er arbeite seit langer Zeit an der Frage, welche Aufgabe die Kunst im Potential unserer Sehfähigkeiten besitze. „Soll sie uns sensibel machen für die Unwägbarkeiten der Wirklichkeit, für Illusionen und Augentäuschungen, an denen wir uns erfreuen?“

In den handwerklich-technisch sorgfältigst ausgeführten weißen Reliefs des Künstlers Alexander Jonischkies geht es um die Modulation von Licht und Schatten, hervorgerufen durch die Veränderungen des Tageslichtes. Auch hier spielt die Zeit eine zentrale Rolle. Im Gegensatz zu den Konstruktivisten ist Jonischkies Herangehensweise intuitiv und experimentell. Die bildnerische Wirkung entsteht durch konkave Vertiefungen, scharfkantige, tiefe Fugen oder aufgesetzte feine Linien zwischen den Bildflächen, die durch Licht zu Leben erweckt werden. Weiß kommt der Farbe des LIchtes am nächsten. Schatten können Schwarz- oder Grautöne tragen. Sie modellieren das Weiß in feinste Nuancen und bringen es zum Schwingen. Diese Nuancen vermitteln über den gesamten Bildbereich eine kontinuierliche Bewegung.

Seit den neunziger Jahren konzentrierte sich das künstlerische Interesse von Klaus Kowalski auf das Bearbeiten von Holzstämmen unterschiedlicher Größen. Die zylindrische Form des Stammes wurde für ihn zu einer plastischen Herausforderung, die säulenartige Grundform durch Herausarbeiten von Flächen zu gliedern. Sein Formenarsenal erweiterte er durch Aufspalten von Stämmen, so dass Teilformen mit strukturierten Oberflächen und als Folge davon Trockenrisse entstanden. Das verlangt eine intensive Zwieprache mit den Naturgegebenheiten. Als Werkzeug benutzt der Künstler die Kettensäge, deren Werkspuren ihren eigenwertigen ästhetischen Reiz haben und die verhindert, dass er zu detailliert arbeitet. Schließlich entwickelt Klaus Kowalski daraus Collagearbeiten, die sich zu filigranen, leichten, raumgreifenden Skulpturen verwandeln.

Eine Vielzahl von Werkgruppen umfasst die Arbeiten von Frank Popp. Sein Thema ist die Verknüpfung. Frei nach Kurt Schwitters möchte er am liebsten Verbindungen schaffen zwischen allen Dingen der Welt. Dabei benutzt er das Vorgefundene, triviale Dinge ebenso wie eigene oder fremde Ideen. Keine künstlerische Technik bleibt als Option tabu. Insbesondere Eulen sind eine wichtige Werkgruppe des Künstlers. Wilhelm Kreft, Inhaber einer Ladenbaufirma, gab ihm 1987 den Auftrag, für die Frankfurter Buchmesse eine Eulen-Symbolfigur und eine dazu passende Grafik zu schaffen. So entstand die erste Großfigur einer Turmeule, der er den Namen Uhlog gab: Uh für Uhu und und log für logos = Wort. Weitere Arbeiten im Buchbereich folgten. Seit der Antike gilt die Eule, besonders der Steinkauz, als Attribut der Athena. Sie selbst steht für Weisheit und Bildung. Hinzu kommt Frank Popps Faible für sagenhafte antike Fabelwesen und seine Begeisterung für Mischwesen, die zum Bestandteil seines künstlerischen Kosmos zählen, von dem er einen Ausschnitt im Turm zeigen wird.

Architektur, bebaute Umwelt, Landschaft im Zeichen der Veränderung und Vergänglichkeit - in diesen Themenbereichen entwickelt sich die Kunst von Hans Sasse. In den Gefügen aus Linien, Strukturen und Flächen werden bei intensiver Beobachtung immer weitere Querverbindungen und Tiefenräume erkennbar. Es sind Topografien der Wandlung. Die anfängliche Sprödigkeit löst sich in kontemplativer Wahrnehmung auf. Es ist wie beim Einstieg in ein Buch: Die Aktivität des Betrachters ist herausgefordert, diese Bilder zu lesen, sich auf ihre künstlerische Sprache einzulassen. In seinem Zyklus Fragmente der verschollenen Räume XX, Echo der Steine, Montmajour, mischen sich zeichnerische und malerische Elemente. In anderen Arbeiten kommen überzeichnete Collagen hinzu. Die Farbe wird behutsam eingesetzt. Aus Eindrücken entwickeln sich in seinen Bildern Zeitfolgen und Zeiträume, die Vergangenes und Gegenwärtiges umschließen.

Grohn
Grohn
Grimm
Grimm
Jonischkies
Jonischkies
Sasse: Fragmente XX
Sasse: Fragmente XX
Popp
Popp
Kowalski
Kowalski
Jonischkies
Jonischkies
Sasse: Fragmente
Sasse: Fragmente
Sasse: Fragmente
Sasse: Fragmente
Sasse: Erinnerung an Ziegelrot
Sasse: Erinnerung an Ziegelrot
Grimm: Sklave
Grimm: Sklave
Grimm: Christus
Grimm: Christus
Popp: Uhlog
Popp: Uhlog
Grohn: Vor dem Friedhof
Grohn: Vor dem Friedhof

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