Kunstverein beeindruckt und begeistert mit Doppelprogramm
Trotz der beängstigenden Inzidenzzahlen und der erschwerten Teilnahmebedingungen strömten über 100 Kunstinterssierte ins Stadttheater, um am außergewöhnlichen Neujahrsempfang des Kunstvereins teilzunehmen. Und es wären noch mehr Besucher gewesen, hätte nicht die von einem Tag auf den anderen beschlossene Verkürzung des Impfschutzes des Johnson&Johnson-Impfstoffes Besucher ausgeschlossen.
Die Theaterbühne war für die Gäste einladend in die Nationalfarben Brasiliens getaucht , von der großen Kinoleinwand strahlte ihnen die Sängerin Marcia Bittencourt entgegen und wünschte der Kunstverein ein gutes und gesundes neues Jahr. Dafür hatten Jürgen Opper und Klaus Niedenführ gesorgt, die für die Licht-, Ton- und Bildtechnik des Abends zuständig waren und ihre Aufgabe gewohnt professionell wahrnahmen. Kassenwartin Irene Herbort wickelte im Foyer die Registrierung und Kontrollierung zügig ab, so dass die Veranstaltung pünktlich mit der Begrüßung durch die 1. Vorstitzende Karin Ellert und den Geschäftsführer Ingolf Heinemann beginnen konnte. Neben den Danksagungen an die Unterstützer des Vereins, an alle Mitwirkenden und in die Veranstaltung involvierten Mitarbeiter konnte Karin Ellert die erfreuliche Nachricht verkünden, dass der Verein totz der anhaltenden Krise die Mitgliederzahl soweit erhöhen konnte, dass nun die Hundertermarke "stabil geknackt" ist. Heinemann verlas die Grußbotschaft des Bürgermeisters Carsten Piellusch, die die Bedeutung des Kunstvereins für Wunstorf hervorhob und die Unterstützung der Stadt auch in Zukunft zusicherte. Nachdem Heinemann den Programmablauf des Abends erläutert hatte, stellte er noch die geplante Buchproduktion des Projektes "Transverse" vor, das ihn drei Jahre beschäftigte und nun mit einer umfassenden Dokumentation, die er in Zusammenarbeit mit Andreas Warliuch und Gerd Günter in intensiver viermonatiger Arbeit erstellt hat, auf den Markt kommen soll, wenn mindestens 100 Vorbestellungen eingegangen sind.
Der Abend startete mit der Vorführung des 80 minütigen Filmes "Der vergessene Schatz" des Berliner Dokumentarfilmers Tom Ehrhardt, der persönlich anwesend war und im Anschluss an die Vorführung weitere interessante Hintergrundinformationen über die Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Kulturattaché Chagas Freitas bereit hielt. Der Diploma tentdeckte während seiner Tätigkeit in der DDR die breite Szene non-konformer und vom Staat missbilligter und überwachter Kunst, kaufte und sammelte sie über Jahre hin und verwahrte die mindestens 1200 Arbeiten an einem geheim gehalten Ort in der Nähe der Haupstadt Brasilia. Er pflegte die Kontakte zu den Künstlern und ermöglichte ihnen Ausstellungen in Brasilien, die ihnen in der DDR verwehrt wurden. Nach der Wende nahm er Kontakt zu deutschen Kunst- und Kultureinrichtungen und zur Bundesregierung auf und bot seine Sammlung für Ausstellungen an, um der Öffentlichkeit einen bis dahin kaum bekannten und kommunizierten Aspekt deutscher Kunstgeschichte nahe zu bringen: Ein Brasilianer, der ostdeutsche Künstler sammelte und unterstützte und sich bis zum heutigen Tag dafür einsetzt, dass Ihre Werke bekannt werden und ihnen der Platz in der Kunstgeschichte und -szene zugestanden wird, den sie verdienen. Das sorgte in der Pause und auch noch nach der Veranstaltung für Diskussionen.
Nach der Pause, in der der Gastronom Adis Bajric vom La Sol die Gäste mit Getränken und Snacks versorgte, ging es mit dem Konzert der Gruppe "Agora" weiter. Die temperamentvolle und charmante brasilianische Sängerin Marcia Bittecourt versprühte Lebensfreude und schenkte den Zuhörern für eine gute Stunde die Leichtigkeit und Zuversicht, nach der wir mehr denn je lechzen. Die Band mit Michael Arlt an der Gitarre, Kurt Holzkämper am Bass und Matthias Haffner am Schlagzeug begleitete die selbstkomponierten Lieder der Sängerin mitreißend und einfühlsam, hatte aber darüberhinaus viel Raum mit ihren virtuosen Solostücken und -einlagen das Publikum zu begeistern, das immer wieder Zwischenapplaus spendete und alle Akteure des Abends zum Abschluss mit einem langanhaltenden Applaus bedachte. Johanna Odametey aus Köln und Sven Eerbsen aus Garbsen waren sich einig: "Das war eine wunderbare Auftaktveranstaltung für das Jahr 2022. Wir gehen beseelt nach Hause und danken dem Kunstverein von Herzen." Und Andreas Warlich aus Garbsen: "War das ein Abend! Das Konzert mit großartigen Musikern und der hochinteressante Film wirken nach. Ich bin schwer beeindruckt."
Der Initiator der Veranstaltung, Ingolf Heinemann, und der Vorstand des Vereins waren zwar nach den wochenlangen Anstrengungen erschöpft, aber sehr zufrieden über den reibungslosen Verlauf des Abends und den großen Zuspruch, den sie von allen Seiten zu hören bekamen. Wenn Wunstorf sich nicht nur als engagiertes "Kunstorf" präsentieren konnte, sondern auch als gastfreundlich und entgegenkommend, dann ist das auch der Verdienst von Dennis Wiegand, Geschäftsführer des Hotels cantera by Wiegand, der ein weiteres Mal die auswärtigen Künstler beherbergte und verköstigte, so dass die Musiker gestärkt in ihren Folgetermin zum Jazzclub nach Hannover und der Filmmacher nach Berlin fahren konnten.
Für die Bilder bedanken wir uns beim Fotografen Andreas Warlich.